HURRA !
Ingrid van Bergen ist Dschungelkönigin.
Die Frau, die anfangs noch 80 Prozent ihrer wachen Tageszeit mit der Suche nach Löffel und Wasserflasche verbrachte, und über sich selbst sagte "Ich bin nicht ganz da!"- kam an.
Bei sich selbst, in der Klimazone und beim Publikum. Fortan wanderte sie Schlager summend und singend durchs Camp, absolvierte tapfer Dschungelprüfungen und wandte sich bei ihren Ansprachen an die ältere Generation Zuschauer. Ihr Ziel: den Jüngeren zeigen, dass die Alten was taugen! Ingrid van Bergen, selbst Baujahr 1931, war von allen Exoten, zwischen Transsexueller, ausgedientem Eiskunstläufer und arbeitslosen Moderatoren, neben Society-Lady und Männermodell irgendwie doch der einzig wirkliche Star.
Da konnte den Zuschauer nicht schrecken, dass ihr schon mal ein Mord unterstellt wurde, dass sie als einzige Frau im Camp viele, ehrlich verdiente Falten hatte und alle Teile ihres Körpers noch ungeliftet dem Original zuzuordnen waren. Selbst das knackende Geräuch der in ihrem Mund zerplatzenden Känguruhhoden war den Zuschauern ein Grund mehr, sie zur Königin des Dschungels zu wählen.
Die Vegetarierin überwand sich würgend und ging über ihre Grenzen, scheinbar grundlos, denn am Ende ging es um nichts mehr. Aber Respekt hat sie sich mit ihrem stoischen Durchhalten, der kompromisslosen Standfestigkeit eines alten Baumes, sehr wohl erworben. Während nahezu jedes Sternchen mal seine Fahne nach dem Wind drehte, zickte oder jammerte, war die Bergen eisern. Ein harsches Wort zur rechten Zeit verschaffte ihr Respekt oder entlarvte Gegner als Falschspieler. Mit Lebenserfahrung statt billiger Allüren, mit Authentizität und Geradlinigkeit, mit Herzenswärme und Kraft schuf sie die Basis für ihre Wahl zur Königin des Dschungels.
Nun könnte man anmerken, dass das ein bedeutungsloser Titel sei, noch weniger als Bundeskanzlerin, aber wenn man bedenkt, dass die Dschungelkönigin in einer zutiefst demokratischen Wahl ihre Krone erlangt und zwar in einem der zurecht erfolgreichsten Unterhaltungsformate im deutschen Fernsehen, dann sieht man darin auch die Sehnsucht des Zuschauers, damit auch des -ich unterstelle das mal ganz trocken- Durchschnittsdeutschen, nach echten Menschen, weg von der Fassade, weg von schillernden Figuren, hin zum echten Leben.
Der zweite Platz von Lorielle London ist da kein Widerspruch. Auch Lorielle, Pampasgras-Bikinigirl mit Jodeldiplom, hat unter ihrer bunten Oberfläche viel von ihrer Zerrissenheit, Verletzlichkeit, von echtem Gefühl und echtem Mensch preisgegeben. Ob Frau oder Mann, spielt dann gar keine Rolle mehr. Jeder echte Mensch im Fernsehen ist ein Gewinn und daher ist Ingrid van Bergen zurecht die Königin des Dschungels geworden. Ich freue mich unbändig über den Sieg des Menschen über den Glitter, den Sieg der jungen Alten.